Waldorfschulen brauchen kreative und motivierte Lehrerinnen und Lehrer und diese benötigen eine gute Ausbildung für ihre vielfältige Arbeit. Da Lehrerinnen und Lehrer junge Generationen ins Leben hinein begleiten, ist ihre Tätigkeit zweifellos eine der bedeutendsten in der Gesellschaft. Viel hängt dabei von der Persönlichkeit der Lehrperson ab und wie sich ihre individuellen Fähigkeiten während der Ausbildung und darüber hinaus entfalten können.
Schon seit 1973 bereitet das Waldorf Institut Witten Annen Studierende auf diese Aufgaben vor und betont dabei deren selbstbestimmtes Lernen und Handeln. Leitend ist der Grundgedanke Rudolf Steiners, dass jede Erziehung Selbsterziehung ist und wir als Pädagoginnen und Pädagogen die Umgebung des sich selbst erziehenden Kindes sind.
Zu einer solchen die Persönlichkeit fördernde Entwicklung gehört auch die Orientierungsfähigkeit und der Gestaltungswille in einer immer komplexer werdenden und immer mehr von Widersprüchen charakterisierten Gesellschaft.
Nun hat das Waldorf Institut Witten Annen einen neuen Schritt unternommen, diese Ausbildung zu erweitern. In Kooperation mit der Alanus Hochschule in Alfter hat im Herbst 2024 der Studiengang „Waldorfpädagogik Bachelor of Arts“ begonnen. Derzeit bereiten sich darin die ersten 16 Studierenden auf ihre Aufgaben in der Waldorfschule vor. Die Akkreditierung des Studiengangs schafft neue Möglichkeiten und berufliche Perspektiven für die Absolventinnen und Absolventen. Zudem ist der Studiengang nun BAföG-fähig. Mit der Berufung neuer Dozenten mit akademischen Qualifikationen konnte das Team des Seminars verstärkt werden, woraus sich neue Akzente ergeben, neben der Pflege bewährter Elemente.
Das Institut nimmt diese Ausweitung seiner Tätigkeit zum Anlass, Entwicklungsziele für die Gestaltung seiner näheren Zukunft zu formulieren. Diese Überlegungen werden zusammengefasst unter dem Titel „Wissenschaft, Kunst und pädagogische Praxis – Leitmotive für die kommenden 10 Jahre am Waldorf Institut Witten-Annen“. Diese Entwicklungsziele prägen zukünftig den Bachelorstudiengang mit seinen Fächern gleichermaßen, wie die Ausbildungsgänge in den Bereichen Eurythmie, Gartenbau, Handwerk und bildende Kunst, Handarbeit sowie die Teilzeitmöglichkeiten der Ausbildung.
So wird der Bereich Wissenschaft durch eine Verstärkung der goetheanistischen Naturkunde und die Behandlung der heute so drängenden ökologischen Fragen weiterentwickelt. Neben der Einbeziehung von Arbeiten aus dem Institut für Evolutionsbiologie an der Universität Witten/Herdecke werden dabei auch Impulse wieder aufgegriffen, wie sie beispielsweise von Andreas Suchantke am Waldorf Institut in Witten entwickelt worden sind.
Die Erziehungswissenschaft steht in einem kritisch-konstruktiven Spannungsfeld zur Waldorfpädagogik. In wechselseitiger Beleuchtung und stimulierender Korrespondenz werden Grundlagen erarbeitet und pädagogische Ansätze entwickelt, die Kindern und Jugendlichen heute eine zukunftsoffene Entwicklung ermöglichen. Das Ideal ist der mündige Mensch, der selbstbestimmt sein Leben gestaltet.
Der Bereich der pädagogischen Praxis ist in Witten traditionsgemäß stark und wird von fast 20 Ausbildungsschulen unterstützt. Das inhaltliche Konzept dazu wird in gemeinsamen Sitzungen bearbeitet, damit es den Herausforderungen der täglichen Arbeit entspricht. Für die Zukunft ist geplant, diese Kompetenz auch im Teilzeit-Master Studiengang der Alanus Hochschule anzubieten. Damit entsteht ein starkes Ausbildungskonzept, bei dem praxisnah das Handwerkszeug einer Waldorflehrkraft und akademisch der wissenschaftliche Hintergrund vermittelt wird. Die Ausgewogenheit von Theorie und Praxis ist dabei ein besonderes Anliegen.
Ebenfalls traditionell stark sind die künstlerischen Bereiche wie Eurythmie, Malerei, Bildhauerei, Musik und Sprache. Sie fördern bei den Studierenden eine innere Beweglichkeit, durch die Stufen eines Prozesses hindurchzugehen und eine Kohärenz mit sich selbst zu entwickeln. Sie bilden dadurch die Fähigkeit, über das eigene Ich andere Persönlichkeiten zu verstehen und zu fördern. Hier setzt das Institut in Witten Statements des künstlerischen Ausdrucks diverser Wirklichkeit in der Freiheit menschlichen Willens. In dieser inneren Beschäftigung werden zukunftsweisende Gedanken der zeitgenössischen ästhetischen Forschung aufgegriffen. Sie bilden eine der Perspektiven für die kommenden Jahre.
In allen drei genannten Bereichen geht es um die Auseinandersetzung mit Anregungen aus der Anthroposophie, deren zeitgemäße Umsetzung und um ein spirituelles Weltverständnis.
Im Rahmen der Umsetzung dieser Planung findet ab Februar 2025 eine Ringvorlesung statt unter dem Titel: „Mensch und Erde – Impulse für ein zukunftsfähiges Bildungsverständnis“. Es werden interne und externe Dozenten sprechen. Die einzelnen Termine und Themen können hier nachgesehen werden. Die Vorträge sind öffentlich und das Institut freut sich über alle Gäste und Interessierten.